Das BAVARIA YACHTS Testzentrum

Am Main unterhält BAVARIA YACHTS ein eigenes Testzentrum. Was passiert hier genau? Wir haben es uns einmal angeschaut…

veröffentlicht am 17. November 2017

Der Main fließt direkt vor dem großen Balkon vorbei, ein Hahn kräht am anderen Ufer, der Blick verliert sich in den Weinbergen gegenüber, Binnenschiffe tuckern vorbei.

So idyllisch ist es hier, wo die Yachtwerft BAVARIA YACHTS eben doch am Wasser liegt, jedenfalls mit diesem Außenposten, dem BAVARIA Testzentrum, etwa 18 Kilometer von der Werft entfernt. Und wenn er von seiner Arbeit hier spricht, gerät Frank Seuffert, Manager für Zertifizierungen und Tests bei BAVARIA YACHTS, geradezu ins Schwärmen. Vor allem, wenn es sich um’s Bootfahren auf diesem Abschnitt des Main handelt, zwischen den Flusskilometern 276 und 284, oder, anders gesagt, zwischen den Schleusen bei Marktbreit und Kitzingen. Vor allem der Winter hat es ihm angetan, denn dann haben er und seine Kollegen den Main quasi für sich: „Ich habe vor der Schleuse schon ein Rehkitz am Ufer gesehen, wie es uns auf dem Wasser beobachtet hat. Die Mutter stand, sehr aufmerksam, ein Stück weiter landeinwärts. Das Junge aber hat uns so neugierig angeschaut, als wolle es gleich zu uns hinausschwimmen!“ Im Sommer dagegen sei auf dem Fluss so einiges los, da müsse man schon sehr aufpassen, auf Badende, Schwimmer und Paddler. „Die Kinder jedoch freuen sich über die Wellen, die ans Ufer klatschen, wenn wir vorbei fahren,“ lächelt Seuffert. Denn tatsächlich ist es notwendig, und auf diesem Stück des Flusses auch erlaubt, ab und zu mit Vollgas zu fahren, vor allem für die Propeller‐ Abstimmung. Doch dazu gleich mehr. 

Die Arbeit von Frank Seuffert und seinem Teamkollegen Joshua Meffle besteht nicht nur aus Bootfahren, im Gegenteil.

Neben der Durchführung der praktischen Tests sind die beiden auch für die Zertifizierung aller BAVARIA Yachten zuständig, und das bedeutet in erster Linie viel Papierkram und Büroarbeit. „Wir sind quasi die Schnittstelle zwischen den Projektleitern für die einzelnen Modelle auf der Werft einerseits und den Prüfern des Germanischen Lloyd andererseits,“ erklärt Seuffert. „Wir moderieren sozusagen den Prozess der Zertifizierung nach CE und anderen Vorgaben. wir erstellen die technischen Dokumentationen, stimmen Termine ab und vieles mehr – drei bis vier Mal kommt der GL‐Prüfer für eine Typabnahme in die Werft." 

Außerdem kümmern sich die beiden um die Handbücher und Spezifikationen für jedes einzelne Schiff.

Die Handbücher müssen nicht nur erstellt, sondern auch auf dem aktuellen Stand gehalten werden – wird in der Produktion etwas am Schiff verändert, muss das natürlich auch im Handbuch berücksichtigt werden. Und die Spezifizierungen für einzelne Boote werden oftmals von den Händlern vorab benötigt. Auch technische Fragen von Händlern oder Kunden beantworten die beiden: „Manchmal fühlen wir uns wie der verlängerte Arm des Kundendienstes,“ meint Seuffert gut gelaunt. 

Doch was passiert hier im Testzentrum?

Immerhin verbringen Seuffert und Meffle gut 30 bis 40 Prozent ihrer Arbeitszeit hier am Main, meistens dann auch auf dem Main. Alle Prototypen neuer Modelle werden hier gecheckt: Motoren, Funktion, Trimm, Systeme, alles wird komplett durchgetestet. Bei Segelyachten werden die Masten gestellt, es wird ein Krängungstest gemacht, es wird geschaut, ob alle Wanten und Stagen so passen und alles am Rigg stimmt. Bei Motorbooten ist die Propellerabstimmung wichtig: Mit welchem Propeller fahren die Boote wie schnell und mit welchem Verbrauch? Das ist je nach Motorisierung und auch je nach Gewicht und Zuladung durchaus unterschiedlich, hier geht es darum, für jedes Modell und jeden Motor den optimalen Propeller zu finden. Bei den Segelyachten ist das nicht so dramatisch, auch bei einem Verdränger wie der BAVARIA E40 beispielsweise nicht. Anders sieht es schon bei den schnellen Gleitern aus, da muss der Propeller stimmen, damit die Boote zum richtigen Zeitpunkt ins Gleiten kommen und auch nicht wieder aus der Gleitfahrt hinausfallen. Eine nicht ganz einfache Aufgabe, da solche Boote eher gewichtssensibel sind und hier der Propeller bestimmt werden muss, der als Allrounder sowohl bei leerem, wie auch beim voll beladenen Boot optimal ist. 

Ein anspruchsvoller Job – was muss man dafür mitbringen?

„Vor allem viel praktische Erfahrung mit Booten,“ meint Frank Seuffert, „und einen technischen Hintergrund.“ Er selbst ist schon seit 2000 bei BAVARIA YACHTS, ist Betriebsschlosser, Karosseriebauer und Industriemeister Metall und hat auch alle gängigen Bootsführerscheine. Bei BAVARIA YACHTS arbeitete er zunächst in der Produktion, dann als technischer Berater im Kundendienst und nun schon seit vier Jahren als Leiter des Testzentrums und der Zertifizierung. Sein Kollege Joshua Meffle ist Mechatroniker und am Bodensee mit Booten aufgewachsen. „Praktische Motorerfahrung und technisches Wissen sind wichtig für die Tests, aber auch für den praktischen Betrieb,“ meint er. „Wenn mal eine Warnlampe aufleuchtet oder der Motor ausgeht, können wir das meist selbst beheben!" 

Neben den Testfahrten auf dem Main werden auch Probefahrten auf dem offenen Meer durchgeführt, das dann meist bei den größeren Händlern, beispielsweise an der Ostsee, in der Adria oder in Südengland. „Mit der großen BAVARIA C57 wäre es hier im Testcenter dann doch etwas eng geworden,“ meint Seuffert. „Die haben wir eine ganze Woche lang in Portoroz in Slowenien durchgecheckt." 

Boote aus der laufenden Produktion können dagegen in einem Pool direkt in der Werft überprüft werden, bevor sie auf die oft lange Reise zum Händler und Kunden gehen. 

Die Location am Mainufer ist aber nicht nur zum Testen beliebt.

„Wir veranstalten hier gerne mal Events für Händler oder Kunden,“ meint Seuffert, und fügt verschmitzt hinzu: „Und auch schon mal die eine oder andere betriebsinterne Party!" 


Text und Bilder: Detlef Jens​​​​​​​